"Genfood - nein danke!"
Das aktuelle Handbuch Max Annas / Jürgen Binder
Erdbeeren sind rot, wir assoziieren "süß" – würden wir sie auch essen, wenn sie violett, türkis oder quietschgelb wären? Vermutlich nicht, denn sie kämen aus dem Chemielabor. So provozierend eindeutig wird Gentechnik natürlich nur auf dem Buchcover sichtbar, im wirklichen Leben schleicht sie sich durch die Hintertür in unsere Lebensmittel, nicht wahrnehmbar für den Verbraucher. Schmecken kann man sie sowieso nicht.
Milliardengeschäfte
Mit Gentechnik werden Milliardengeschäfte gemacht – unter dem Vorwand, der Menschheit Gutes zu tun, die Nahrungsversorgung der Zukunft zu sichern und bestmögliche Erträge zu bringen. 1996 begann in den USA der kommerzielle Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Seitdem kontrollieren agroindustrielle Konzerne entsprechendes Saatgut. Sie haben sich die veränderten Pflanzen patentieren lassen, Bauern müssen teuer dafür bezahlen. Diese willkürlichen Eingriffe in biologische Ressourcen werden auch als Biopiraterie bezeichnet. Ihre Gefahren sind noch gar nicht absehbar, denn die maßgeschneiderten Pflanzen lassen sich auf "ihrem" Acker weder einsperren, noch machen Bienen und andere Insekten einen Bogen drum.
Sklaven der Großkonzerne
Gentechnik hat überall die in vielen Regionen, vor allem in Entwicklungsländern, sinnvolle und den Boden schonende kleinteilige Landwirtschaft verdrängt – und damit die notwendige Selbstversorgung. Von patentiertem Saatgut, inklusive dazu gehöriger Agrochemikalien und Dünger, versprechen sich Kleinbauern bessere Ernten. Früher sorgten sie selbst für ihr Saatgut. Mit der Abkehr von traditionellen landwirtschaftlichen Methoden begeben sie sich in Abhängigkeit von profitorientierten Großkonzernen, wenn sie nun ausschließlich Soja, Mais, Raps und Baumwolle anbauen, die gentechnisch verändert wurden.
Lückenhafte Kennzeichnungspflicht
Die Folgen der Gentechnik: Zunehmend mehr traditionelle Kultur- und Wildpflanzen verschwinden, Monokulturen laugen die Böden aus, genetisches Potenzial, das an lokale Bedingungen angepasst war, geht verloren, Kulturlandschaften verschwinden und mit ihnen biologische Vielfalt und das Wissen um ihren Erhalt. Der Sortenverarmung folgen dramatisch ansteigender Schädlingsbefall, also werden weitere Resistenzen und Gifte in Pflanzen eingebaut, die über Umwege auch in unsere Nahrung gelangen: "Gentechnisch manipuliertes Futter muss weder in der Fleisch- und Wurstproduktion ausgewiesen werden noch von der Milchwirtschaft mit ihren breiten Produktpaletten." Unzählige industriell hergestellte Lebensmittel enthalten außerdem gentechnische Sojabestandteile, für die es keine Kennzeichnungspflicht gibt.
Blick hinter die Kulissen
Max Annas und Jürgen Binder liefern einen faktenreichen Blick hinter die Kulissen der Genindustrie. Der ist zum Teil schockierend und skandalös und fordert uns Verbraucher auf, genau hinzusehen: "Carlo Petrini, der legendäre Gründer von Slow Food, nennt die Konsumenten Co-Produzenten. Dahinter steckt die Idee von einem Bewusstseinswandel, von einem anderen Umgang mit dem Essen und auch mit sich selbst. Wir alle entscheiden, was auf unsere Teller kommt und was nicht."
Information und Service
Das Handbuch liefert wichtige Informationen, Anregungen und konkrete Hinweise: Im Kapitel Rohstoffe & Produkte von A wie Alfalfa bis T wie Tomate und W wie Wurst. Und der umfangreiche Serviceteil enthält Lebensmittelindex, Adressen von Initiativen und Verbänden und Weblinks. (Christiane Schwalbe)
"Genfood - nein danke!" Das aktuelle Handbuch Max Annas / Jürgen Binder orange press 2011, 208 Seiten, 20 Euro
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