"Donderdag – Veggiedag"
Wie Gent zum vegetarischen Donnerstag kam
Seit Mai 2009 gibt es in der belgischen Stadt Gent ganz offiziell einen fleischfreien Tag, in Restaurants und Kantinen steht das vegetarische Angebot im Vordergrund. Mit dieser Kampagne wollen die Genter einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und die CO2-Emissionen verringern. Den Anstoß dazu gab der Friedensnobelpreis 2007.
Oskar für den Klimaschutz
Al Gore ist weltweit als amerikanischer Vizepräsident unter Präsident Bill Clinton bekannt, mehr noch aber machte er sich einen Namen als Klimaschützer. Seine Dokumentation über die globale Erwärmung "Eine unbequeme Wahrheit" ("An Inconvenient Truth") bekam einen Oscar. Er startete das GLOBE-Programm (ein weltweites Programm für Geowissenschaft und Ökologie an Schulen in mehr als 100 Ländern) und initiierte die Konzertreihe Live Earth zum Schutz des Klimas.
Nobelpreis für den Klimaschutz
Weniger bekannt war bis 2007 das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change / Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen), kurz Weltklimarat genannt, der seit 1985 regelmäßig wissenschaftliche Berichte heraus gibt. Sie fanden nur wenig Beachtung in der Öffentlichkeit. Das änderte sich schlagartig, als Rachendra Pachauri, der Vorsitzende des IPCC, zusammen mit Al Gore den Friedensnobelpreis 2007 verliehen bekam. Seit Januar 2010 macht der Weltklimarat Schlagzeilen wegen einer Fehlprognose zur Gletscherschmelze im Himalaya.
Tobias Leenaert von der Vegetarierorganisation EVA lud den indischen Klimaexperten Pachauri 2008 nach Gent ein. An der Gent referierte er vor 600 gespannten Zuhörern über das Thema Fleischkonsum und Klima, Motto: "Less meat, less heat" – weniger Fleisch, weniger Klima-Erwärmung. Denn der Methanausstoss, den insbesondere Rinder, aber auch andere Wiederkäuer bei der Verdauung produzieren, die CO2-intensive Viehhaltung und die Abholzung riesiger Regenwaldflächen für immer mehr Weideland sind für mehr als 18 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine Erkenntnis, die 2006 schon die FAO, die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen hatte.
Weniger Fleisch ist besser
Die schädliche Wirkung konventioneller Fleischproduktion ist deutlich höher als bislang beachtet. Eine Veränderung unserer Ernährungsweise müsste die Folge sein, mahnte Pachauri und rechnete am Beispiel vor: Würden alle Belgier innerhalb eines Jahres an nur einem Tag in der Woche kein Fleisch essen, hätte das denselben positiven Effekt auf den Treibhausgasausstoss wie eine Million Autos weniger auf den Straßen Belgiens für die Dauer eines Jahres.
"Gesunder" Klimaschutz
Daraufhin rechneten die Genter nach und kamen zum Ergebnis: Wenn nahezu alle Einwohner der Stadt (240.000) ein Jahr lang einen Tag pro Woche kein Fleisch essen, dann entspräche das einer durchschnittlichen CO2-Ersparnis von 18.000 Autos pro Jahr (die Methanproduktion wird in sogenannte CO2 - Äquivalente umgerechnet). Darüber hinaus dient ein vegetarischer Tag in der Woche der Gesundheit und befördert das Bewusstsein, dass jeder von uns einen kleinen Beitrag leisten kann, um das Klima zu schützen.
Beispielhafte Aktion
Gesagt, getan. Seit Mai 2009 gibt es einen vegetarischen Tag in Gent: "Donderdag - Veggiedag", Donnerstag ist Gemüsetag. Gezwungen wird niemand, wer Fleisch essen will, darf das natürlich tun. Dem Klima zuliebe gibt es in allen öffentlichen Kantinen und Schulmensen ein vegetarisches Hauptgericht. Die Stadtverwaltung liefert personelle und finanzielle Unterstützung, etwa hundert Restaurants beteiligen sich freiwillig. Zwei weitere belgische Städte haben sich bereits angeschlossen, und seit Anfang Oktober 2009 gibt es auch im brasilianischen Sao Paulo einen fleischfreien Tag. Das gute Beispiel der Bürgerinnen und Bürger aus der malerischen Stadt in Flandern beginnt, Schule zu machen.
(Christiane Schwalbe)
|