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Veggiday 2010 in Bremen

Ein Happy Day für's Klima

Ein Tag in der Woche für den Klimaschutz – das ist relativ wenig. 52 Tage im Jahr für den Klimaschutz – das ist relativ viel und kann den CO2-Ausstoß von 40.000 Autos einsparen. Aber wie soll das gehen?

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Weniger Fleisch

Indem einmal in der Woche auf Fleisch verzichtet wird. Bremen ist die erste Stadt in Deutschland, in der der Donnerstag ein "Veggiday" ist, meint: In Kantinen, Restaurants, Kitas und Schulen soll an diesem Tag rein vegetarisch gegessen werden. Die Schirmherrschaft für das Projekt hat der Präsidenten des Senats, Bürgermeister Jens Böhrnsen übernommen: "Das Klimaprojekt Veggiday ist langfristig angelegt und will vorbildlich auch für andere Städte sein. Jeder kann sich leicht beteiligen."

Was bringt das?

Fleischfrei essen, um das Klima zu schützen – bringt das überhaupt was? Die Antwort ist eindeutig: ja. Kühe produzieren bei der Verdauung erhebliche Mengen Methan. Über die pupsenden Rinder werden zwar gern Witze gemacht, aber sie verschleiern, welche Wirkung dieses Gas tatsächlich hat. Es ist 25 mal so schädlich wie CO2.
Außerdem, so der Bremer Wissenschaftler Dirk Wassermann, "sind sechzehn Gramm Pflanzeneiweiß nötig, um ein Gramm tierisches Eiweiß zu produzieren". Das bedeutet: In Südamerika werden weiterhin CO2-absorbierende Regenwälder abgeholzt, um Platz zu schaffen für Viehweiden oder den Anbau von Viehfutter. Beides erzeugt erneut CO2, erst recht wenn das Fleisch als Hamburger auf unserem Teller landet.

Erfolgreiches Modell

Vorbild für Bremen ist die belgische Stadt Gent. Hier gibt es seit Mai 2009 einen "VeggieDag" – mit einer klaren Rechnung: Wenn die 240 000 Bürger der Stadt einmal in der Woche gänzlich auf Fleisch und Fleischprodukte verzichten, bedeutet das die Ersparnis der CO2-Emissionen von 18 000 Autos im Jahr. Auf Bremen umgerechnet hieße das: 550 000 BürgerInnen essen 52 Tage im Jahr vegetarisch und ersparen der Atmosphäre die CO2– Belastung von 40 000 Autos pro Jahr.

Persönliche Klimabilanz

Fleisch hat eine schlechte Klimabilanz, Gemüse eine deutlich bessere. Das heißt aber nicht, dass mit erhobenem Zeigefinger gegen den Fleischkonsum gewettert wird. "Wir sind nicht angetreten, Fleisch zu verbieten, sagt Christiane Schwalbe, Initiatorin und Leiterin des Projekts, "es geht uns viel mehr darum, beim Essen genauer hinzusehen, sich auf regionale Produkte zu besinnen, am Donnerstag auf Steak, Schnitzel, Bratwurst oder Schinken zu verzichten, und damit nicht nur die persönliche CO2-Bilanz zu verbessern, sondern dem Klima insgesamt zu helfen."

Bio ist besser

PK-KonferenzWenn Fleisch, dann aus ökologischer Landwirtschaft, die bis zu 30 Prozent weniger Treibhausgase verursacht als konventionelle. "Bio-Lebensmittel sind klimafreundlicher als konventionell hergestellte Nahrungsmittel, da sie ohne künstlichen Dünger und Pflanzenschutzmittel auskommen, die in der Herstellung besonders viel Energie verbrauchen," erklärte Dr. Cornelis Rasmussen vom Bremer Energie-Konsens.

Less meat - less heat

"Wir werfen einen Stein ins Wasser und hoffen, dass er viele Kreise zieht und das Bewusstsein schärft für das, was wir täglich auf dem Teller haben", sagte Dr. Hans-Christoph Hoppensack, stellvertretender Vorsitzender der Bürgerstiftung Bremen, "Less meat – less heat", das war auch die Forderung von Sir Paul McCartney, Ex-Beatle und prominenter Vegetarier Großbritanniens, am 3. Dezember vor der Europäischen Kommission in Brüssel. Er plädiert als Vegetarier dafür, wenigstens einmal in der Woche auf Fleisch zu verzichten.
"Der Zusammenhang von Ernährung und Klimaschutz", so Christiane Schwalbe, "ist offensichtlich, wurde bislang aber viel zu sehr an den Rand der Klimadebatte gedrängt. Die Welternährungsorganisation FAO hat schon 2007 erklärt, das 18 Prozent der schädlichen Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft kommen, insbesondere aus der Viehzucht. Neue Studien setzen diesen Wert noch viel höher an".

Goldene Regeln

"Die goldenen Regeln für CO2-leichte Ernährung lauten: alles zu seiner Zeit, am liebsten aus der Region und möglichst viel Bio" – so erklärte Dr. Cornelis Rasmussen zum Auftakt der Veggiday-Kampagne, die langfristig und nachhaltig angelegt ist. "Der Veggiday ist eine gute Gelegenheit, Ernährungsgewohnheiten zu überdenken."
Das heißt auch: Verbrauch von Produkten, die wir im Winter in unserer Region bekommen, statt Gewächshaus-Erdbeeren aus Südspanien oder Spargel aus Peru zu verzehren. Es geht auch um Rückbesinnung - auf den guten alten Sonntagsbraten beispielsweise, den unsere Großmütter als etwas Besonderes auf den Tisch brachten.

Kleine Schritte

"Etwas mehr Bescheidenheit würde der Gesundheit und dem Klima gut tun, so Christiane Schwalbe, "wir sind deshalb weder Moralapostel, noch Gutmenschen, die mit erhobenem Zeigefinger rumrennen und Vorschriften machen. Aber immer nur zu nörgeln und mit dem Finger auf die Politik zu zeigen, hilft nicht weiter. Man muß schon selbst aktiv werden. Viele kleine Schritte können eine große Wirkung haben im Klimaschutz".