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"Wir haben es satt!"

Warum Tiere keine Lebensmittel sind
Iris Radisch, Eberhard Rathgeb (Hrsg.)

Rinder, Schweine, Schafe und Hühner sterben täglich millionenfach, weil der Mensch angeblich nicht ohne Fleisch auszukommen vermag, tierische Proteine seine Gesundheit stärken und wir uns gern mit Taschen und Schuhen aus Leder schmücken. Tiere sind Ware, Rohstoff, Versuchsobjekt.

Iris Radisch, Wir haben es satt, Residenz VerlagElendes Leben

Die Kreatur hinter dem Pelz, der Lederbörse oder der Hautcreme wird nirgendwo sichtbar. Auch nicht im Supermarkt, wo Schnitzel und Steak hygienisch verpackt und rosig im Kühlregal liegen. Kein Tier kuckt uns an, es gibt keinen Hinweis auf das elende, kurze Leben von Schweinen, Puten oder Hühnern. Ihre Produkte landen als Schinken, Currywurst und Putenschnitzel auf unseren Tellern. Die massenhafte Nachfrage nach billigem Fleisch hat für ein geradezu explosives Wachstum der Massentierhaltung gesorgt. Weil die Herkunft von Kotelett & Co. unsichtbar bleibt, kann uns der Appetit nur dann vergehen, wenn Filme über Massentierhaltung im Fernsehen laufen und sensible Gemüter vorher gern vor der Brutalität der Bilder gewarnt werden. Würden wir  einen Schlachthof besuchen, wären wir hinterher vermutlich Vegetarier.
"Es wird oft behauptet, dass die Zahl der Vegetarier astronomisch steigen würde, wenn wir alle Tiere selbst schlachten müssten. Um uns vor derartigen Gedanken abzulenken, tut die Fleischindustrie alles, was in ihrer Macht steht, um das Thema aus unserem Bewußtsein zu verdrängen."
Die Zahl der Vegetarier steigt mit jedem Skandal, egal, ob Dioxin im Ei oder multiresistente Keime auf Hühnerfleisch. Der ethisch begründete Verzicht auf Fleisch und Fisch ist längst keine Marotte verkniffener Aussenseiter mehr, er ist angekommen in der Gesellschaft. Davon zeugen auch die wachsende Zahl vegetarischer und veganer Restaurants, das zunehmende Angebot von Fleischersatzprodukten, "Veggie"-Messen und die Verbreitung des fleischfreien Donnerstags.

Texte aus Literatur und Philosophie

Die beiden Autoren, selbst Vegetarier, unterfüttern den Trend – im Sinne des Wortes. Sie haben alte und neue Texte aus Literatur und Philosophie zusammengestellt, vorab eingeordnet und  kommentiert: von Peter Sloterdijk über Jonathan Safran Foer und Karen Duve bis zu David Foster Wallace:
"Der Hummer kommt lebend in den Topf. Genau das macht den modernen Reiz des Hummers als Lebensmittel aus : Etwas Frischeres gibt es nicht. … Ist es eigentlich in Ordnung, aus reiner Freude am Genuss ein fühlendes Wesen in einen Topf mit kochendem Wasser zu werfen?"
Zu Wort kommen auch Robert Musil, Jean-Jaques Rousseau, Jonthan Swift oder Hermann Melville, auch Elias Canetti und Arthur Schopenhauer:
"Die Welt ist kein Machwerk und die Tiere sind kein Fabrikat zu unserem Gebrauch. Nicht Erbarmen, sondern Gerechtigkeit ist man den Tieren schuldig."
Es sind vielfältige moralische und politische Beweisführungen gegen das Recht, Tiere zu essen - bewegende, bedrückende und schockierende Texte, die aufrütteln wollen und Beispiele dafür liefern, welch' mörderische Folgen die menschliche Gier auf Fleisch hat. Ein für Vegetarier und Fleischesser gleichermaßen lesenswertes Buch. 
(Christiane Schwalbe)

Iris Radisch, Eberhard Rathgeb (Hrsg.)
"Wir haben es satt!"
Warum Tiere keine Lebensmittel sind
Residenz Verlag, September 2011, 220 Seiten, 19.90 Euro