Drucken

Pizza Globale

Ein Lieblingsessen erklärt die Weltwirtschaft
Paul Trummer

Es ist eine Reise der besonderen Art, zu der uns der österreichische Agrarjournalist Paul Trummer einlädt – im Gepäck hat er nur ein einziges Produkt, das sich allerdings besonderer Beliebtheit erfreut: die Pizza.


Pizza Globale, Paul Trummer,  Ein Lieblingsessen erklärt die Weltwirtschaft, EconVon Neapel in die Welt

Was in der neapolitanischen Küche 1889 seinen typisch italienischen Ursprung hat, ist zum weltweiten Fastfood-Hit geworden. Und seit 1970 die Tiefkühlpizza in Deutschland auf den Markt kam, hat der rund Hefe-Fladen bundesweit die Küchen, besser: die Mikrowellen, erobert.
Aber die Pizza ist nicht nur ein Lieblingsessen, sie ist vor allem ein Global Player, der rund um die Welt reist und die Mechanismen (und Machenschaften) von Wirtschaft und Nahrungsmittelindustrie erklären kann. Das liest sich wahrhaftig nicht nur appetitlich, aber Trummer will auch keine heile Nahrungsmittel-Welt aufzeigen, sondern weltweite Warenströme und ihre Folgen kritisch untersuchen.

Wasser, Hefe, Öl ...

Gehört zu einer schlichten Pizza denn nicht nur Mehl, Wasser, Hefe, ein bisschen Öl, Tomatensugo und Käse obendrauf? Stimmt, in guten Pizzerien wird sie gewiss auch genau so hergestellt. Aber was in vielfältigen Variationen in die Supermarkt-Tiefkühltruhe wandert, hat nicht nur ganz andere Wege hinter sich, sondern enthält Stoffe, die das Wasser im Mund eher versiegen lassen:

Zutaten aus dem Chemielabor

Chemie vor allem – modifizierte Stärke, um die maschinelle Verarbeitung leichter zu machen, Analogkäse und Mogelsalami, mit soviel künstlichen Aromastoffen angereichert, dass wir meinen, alles wäre echt.
Eine der Hauptzutaten ist Hybridweizen, neu entwickelte Sorten, für deren Gedeihen die großen Nahrungsmittelkonzerne die nötigen Pestizide und Kunstdünger gleich mitliefern – zwangsweise sozusagen. Hier geht es nicht mehr um einen echten Geschmack, sondern um Profit und täuschend echte Imitationen.

Gnadenlose Bilanz

Trummers Reise desillusioniert und klärt auf: über Fleischkonsum und Massentierhaltung, über Wegwerfhühner und Klimabilanzen, über Laborprodukte, gentechnisch verändertes Tierfutter, korrupte Getreidehändler, afrikanische Tomatenpflücker, die für Hungerlöhne Sklavenarbeit verrichten müssen, und Gift im Gemüse.

Konsumverhalten ändern

Eine erschreckende und faktenreiche Bilanz, die uns lehren will, unser Essen wieder wertzuschätzen und auf originale, saisonale und regionale Ernährung zu setzen. Denn nur wenn Verbraucher ihr Konsumverhalten ändern, ändert sich auch der globale Weg der Fertigpizza – stellvertretend für viele ähnliche Produkte der Nahrungsmittelindustrie, die uns in ähnlicher Weise Geschmack vorgaukeln, wo vor allem Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker und künstliche Aromen zu finden sind.
(Christiane Schwalbe)
"Pizza Globale", Ein Lieblingsessen erklärt die Weltwirtschaft - Paul Trummer
ECON - Ullstein Buchverlage Berlin 2010, 333 Seiten, 18,50 Euro